Gießerei Heunisch lud Belegschaft zum „Kandidatenduell“

Das Wort der Heunisch-Geschäftsführung hat Gewicht – nicht nur in der Gießereibranche, sondern auch lokal. So waren neben drei geladenen Bundestagsabgeordneten aus der Region auch rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihrer Einladung zu einem politischen Austausch ins Kur- & Kongress-Center Bad Windsheim gefolgt. Dr. Christiane Heunisch-Grotz bedankte sich ausdrücklich dafür, dass sowohl Tobias Winkler von der CSU als auch Sascha Müller von Bündnis 90/Die Grünen und Carsten Träger von der SPD so kurz vor der vorgezogenen Bundestagswahl spontan ihre Teilnahme zugesagt hatten.
Man wolle die Zuhörerinnen und Zuhörern im Plenum mit dieser Veranstaltung motivieren, zur Wahl zu gehen und ihnen darüber hinaus möglichst viele Informationen für ihre Wahlentscheidung bieten. Zehn Fragen zu verschiedenen Themenbereichen wurden von den Mitarbeitenden gestellt, die nacheinander von den Gästen beantwortet wurden. Zuvor gab Heunisch-Grotz den Politikern einige Hausaufgaben mit nach Berlin. Übermäßige Steuern, hohe Sozialabgaben, hohe Energiekosten, fehlende Infrastruktur und übermäßige Bürokratie belasteten die gesamte energieintensive Industrie und damit auch die Gießerei Heunisch.
„Wir wollen unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten, sind seit Jahrzehnten ein Vorbild für die Kreislaufwirtschaft", betonte Heunisch-Grotz, die die Veranstaltung moderierte, aber der Staat müsse endlich wieder die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass die Unternehmen das tun könnten, wofür sie da seien: Umsatz zu erwirtschaften und Arbeitsplätze zu schaffen.
Fragen zu Strompreis und CO2-Bepreisung
Wie wolle man dem entgegentreten, dass Deutschland mit die höchsten Strompreise der Welt habe – auch befeuert durch den nationalen CO2-Handel? Warum lasse das Klimageld auf sich warten?
Der Strompreis sank bereits wieder auf Vorkriegsniveau, man habe in Rekordzeit die Abhängigkeit von russischem Gas beendet und auch der Umbau des deutschen Strommixes auf mittlerweile 60 Prozent Erneuerbare Energien sei ein wichtiger Schritt, um die Versorgungssicherheit sowie niedrigere Strompreise sicherzustellen, betonten Müller und Träger. Ab 2027 sei der CO2-Handel ein europäisches Instrument, um nicht nur die Treibhausgasemissionen im Energiesektor, sondern auch im Gebäude- und Verkehrssektor zu senken. Die Einnahmen würden direkt in Maßnahmen wie den Industriestrompreis und Investitionen in den Netzausbau fließen. Die Verzögerung beim Klimageld, mit dem die Belastung aus dem CO2-Handel kompensiert wird, sei leider der mangelnden Digitalisierung zuzuschreiben. Derzeit werde eine Datenbank mit den Kontodaten der Bürger aufgebaut. Winkler argumentierte, die Entlastung müsse über den Strompreis laufen.
Frage zu CMAS
Ab 2027 werden im Rahmen des CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM Importe in die EU mit einem Emissionspreis belegt. Warum sind hier die Gießereiprodukte ausgenommen? Damit sehen sich Gießereien einer extremen Wettbewerbsverzerrung gegenüber. Die in Gießereien benötigten Eisenerze würden zu 99,7 Prozent importiert und hätten einen ganz erheblichen Anteil am Gestehungspreis der Produkte.
Träger antwortete mit einem Dank für den wichtigen Hinweis aus der Praxis. Die Politik wäre auf den Input von Fachleuten angewiesen, um gegensteuern zu können.
Frage zu CCS (Speicherung von Kohlendioxid im Untergrund) und CCU (CO2-Abscheidung und -Nutzung)
Wie stehen Sie zu diesen Technologien?
Winkler plädierte für Technologieoffenheit in allen Belangen und hob hervor, dass deutsche Unternehmen an der Entwicklung dieser Technologien beteiligt seien und mit der Umsetzung zu Weltmarktführern werden könnten. Risikoabschätzung müsse sein, aber der Markt dürfe nicht anderen überlassen werden. Müller vertrat die Meinung, dass Deutschland um CCS in bestimmten Bereichen wie Wasserstoff und Elektrik nicht herumkommen werde.
Frage zum Gebäudeenergiegesetz
Bei Dunkelflaute wird der Strompreis teurer, wenn eine Wärmepumpe eingebaut wird. Wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Strompreise für die privaten Verbraucher gesenkt werden? Und wäre eine bundeseinheitliche Förderung zu Stromspeichern möglich?
Winkler plädierte auch hier für Technologieoffenheit. Es gäbe so viele gute Ideen wie zum Beispiel das fossilfreie Diesel HVO 100, das dem Heizöl beigemischt werden kann. Müller brachte die flexiblen Strompreise für Wärmepumpen ins Spiel, während Träger auf die hohen Investitionszuschüsse für neue Heizungen hinwies. Eine bundeseinheitliche Förderung von Batteriespeichern gäbe es bereits über die KfW.
Fragen zum Bürgergeld, den Schwierigkeiten, die die Menschen hätten, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten und der Finanzierung der Sozialausgaben
Was tun Sie, damit sich Arbeit wieder lohnt und nicht am Ende mehr Geld mit Zuschüssen und Bürgergeld zusammenkomme als aus der Beschäftigung? Was halten Sie von dem Vorschlag von Herrn Habeck, Kapitalerträge mit Sozialabgaben zu belegen und was tun Sie für die Menschen, die nur ein wenig mehr verdienen als Bürgergeldberechtigte?
Winkler bezog klar Position: „Das Bürgergeld gehört in dieser Form abgeschafft und ist eine Verlockung, nicht zu arbeiten. Die Entscheidung, die Ukrainer ins Bürgergeld zu nehmen war ein Fehler.“ Träger hielt dagegen: „Wie hätten wir denn bei den ganzen Menschen, die über Nacht zu uns kamen, eine Einzelfallprüfung durchführen sollen?" Er wies darauf hin, dass rund 800.000 der erwerbsfähigen Bürgergeld-Bezieher Aufstocker seien. Statt über die geschätzt 300 Millionen Einsparpotenzial an der Ecke zu sprechen, solle man lieber ans andere Ende der Skala schauen. Wichtig wäre es, den Lohnabstand über eine Erhöhung des Mindestlohns herzustellen und nicht das Bürgergeld zusammenzustreichen. Müller erklärte, die große Steigerung beim Bürgergeld sei durch den vorgezogenen Inflationsausgleich zustande gekommen – der auch von der CSU-Fraktion mitgetragen worden war.
Müller betonte, Habeck habe ausdrücklich hohe Kapitalerträge und nicht das Ersparte der Kleinsparer gemeint, führte die viel zu hohe Bürokratie, die damit verbunden gewesen wäre, dagegen ins Feld.
Auf die Frage, wie Menschen, die am unteren Ende der Lohnskala stehen, entlastet werden sollen, wurden verschiedene Ansätze skizziert. Träger brachte eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel ins Spiel und erwähnte das Steuerentlastungskonzept seiner Partei, das 95 Prozent der Menschen entlasten soll und nicht die oberen 5 Prozent. Müller ergänzte, Einkommen seien im Gegensatz zu den Kapitalerträgen zu hoch besteuert, Träger ergänzte, dass eine Steuergutschrift für Alleinerziehende demnächst gekommen wäre. Winkler postulierte abschließend, der Staat müsse verschlankt werden, es gäbe zu viele Menschen, die nicht zur Wertschöpfung beitrügen.
Fragen zur inneren Sicherheit
Wie stehen Sie zur Migrationspolitik?
Träger führte aus, dass die von der Union geplanten Maßnahmen so nicht umsetzbar seien. Man könne die Grenzen nicht umfassend kontrollieren. Die Regierung hätte die Zuwanderung bereits innerhalb weniger Monate um 30 Prozent reduziert. Viel wichtiger sei, den Menschen viel schneller eine Arbeitserlaubnis zu geben. Müller führte aus, man könne nicht immer auf die Ausländerproblematik abzielen, wir hätten Sicherheitsprobleme. Er erwähnte weiter, die Unionsparteien hätten die von der Ampel verabschiedete Verschärfung des Asylgesetzes im Bundesrat abgelehnt und plädierte ebenfalls für beschleunigte Arbeitserlaubnisverfahren. Heunisch-Grotz brachte ihre Sicht als Unternehmerin ein. Das Land bräuchte jährlich etwa 400.000 Menschen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen.
Fragen zur Bürokratie
Heunisch-Grotz führte aus, dass die Arbeitsbelastung für die Mitarbeiter stetig höher würde, die Unternehmen müssten erst einmal erwirtschaften, was zum Beispiel für Umweltgutachten ausgegeben werden müsse. Der Fragesteller aus dem Publikum erläuterte, was das in der Praxis bedeute: man müsse oft ein und dieselben Zahlen ans Finanzministerium, ans Umweltministerium und an die Bafa liefern. Heunisch hätte nicht einmal die Möglichkeit, auf elektrische Öfen zu wechseln, weil die erforderliche Stromleitung erst in acht Jahren fertiggestellt sei.
Winkler kündigte an, die CSU wolle alle Vorschriften auf die Mindestanforderungen der EU herabsetzen, das Lieferkettengesetz aussetzen und die Vorgaben zur Nachhaltigkeitsberichterstattung zwei Jahre evaluieren. Carsten Träger hielt dagegen, es wären umfangreiche Bürokratieentlastungsgesetze in Kraft getreten, aber Bürokratie sei eben auch ein Dauerthema. Als ein Beispiel brachte Müller die beschleunigten Planungsverfahren für Erneuerbare Energien ins Spiel und warnte davor, leichtfertig Sicherheitsrichtlinien zu lockern. Die deutsche Spielwarenindustrie begrüße das Lieferkettengesetz. Bei der Digitalisierung der Behörden müsse das „Once-only-Prinzip“ gelten. Leider stellten die unterschiedlichen Zustände der Daten in den verschiedenen Behörden ein riesiges Problem dar.
Frage zur Demokratie
In der deutschen Demokratie habe keine Partei die Mehrheit. Partnerschaft bedeute, die eigenen Positionen ein Stück weit zu verlassen. Wie bekommen wir das für die Zukunft hin?
Winkler antwortete, wir bräuchten wieder mehr Zuversicht, man müsse in der Mitte zusammenarbeiten können. Träger zeigt sich zuversichtlich, dass die entstandenen Risse heilbar seien. Dem schloss sich Müller an und unterstrich dies mit der Information, dass allein in der vergangenen Woche 17 Gesetze im Bundestag verabschiedet worden waren, leider sei das unter den Tisch gefallen. Politiker müssten Vorbild sein und zum Wohle des Landes seien Kompromisse notwendig.
Eine Aussage, die Heunisch-Grotz in ihrem Schlusswort gerne aufgriff. Sie bedankte sich für den spannenden Austausch und betonte, wie wichtig der Austausch miteinander sei.